"Lieben was ist. Wie vier Fragen Ihr Leben verändern können" von Byron Katie
Im Buch “Lieben was ist.” beschreibt die Autorin Byron Katie vereinfacht gesagt einen Lösungsweg, wie wir mit belastenden Gedanken umgehen können. Sie nennt diese – meist selbstverletzenden – Gedanken “Geschichten, die wir uns erzählen” und die nichts mit der Wirklichkeit bzw. der Realität zu tun haben. Es geht darum, die eigenen Gedanken zu hinterfragen, sie mit der Realität abzugleichen und auf den eigentlichen Kern der Aussage zu kommen. Wenn wir zum Beispiel über jemanden denken, er “sollte” dieses oder jenes nicht oder eben doch tun, obwohl er es (nicht) tut, dann erzeugt das in uns Stress und Unwohlsein. Denn in der Realität tut er es ja trotzdem. Es geht darum, dass wir wieder in unseren Wirkungsbereich kommen, sodass wir die Situation annehmen und unser Handeln gegebenenfalls anpassen können. Gedanken kommen, um vorüberzuziehen, aber nicht um zu bleiben. Erst wenn wir an ihnen festhalten, schaden bzw. verletzen sie uns.
Byron Katie hat eines Tages “The Work” empfangen, als sie an ihrem persönlichen Tiefpunkt ankam. “The Work” besteht aus der Überprüfung der eigenen Gedanken mit Hilfe von vier Fragen, gefolgt von einer anschließenden Umkehrung, um zu Erkenntnissen und dem eigenen inneren Frieden zu gelangen.
Überprüfung (die vier Fragen):
Ist das wahr?
Kann ich absolut sicher sein, dass das wahr ist?
Wie reagiere ich auf diesen Gedanken?
Kannst du einen Grund sehen, diesen Gedanken aufzugeben?
Kannst du einen Grund finden, der keinen Stress verursacht, an diesem Gedanken festzuhalten?
Wer wäre ich ohne diesen Gedanken?
Umkehrung:
Aussage umdrehen (auf mich selbst beziehen, auf den anderen beziehen oder Aussage ins Gegenteil umkehren – es muss nicht alles passen, es gilt, die Aussage zu finden, die etwas in mir resoniert)
Mit “Ich bin bereit …” oder “Ich freue mich darauf …” beginnen. Das erzeugt Offenheit, Flexibilität und Kreativität. Denn auch wenn ich diese Situation nie wieder erlebe, vielleicht “erlebe” ich sie ein weiteres Mal in meinen Gedanken, und dann ist es von Vorteil, wenn ich darauf vorbereitet bin und anders als zuvor reagieren kann.
Sie erwähnt im Buch den Satz:
“Die Wirklichkeit ist stets freundlicher als die Geschichten, die wir über sie erzählen.”
Dieser Satz löste starke Resonanz in mir aus. Ich denke nicht, dass diese Aussage immer zutrifft, aber in meinem Fall sicher oft. Denn ich hatte lange Zeit – und heute teilweise noch immer – sehr viele negative, belastende Gedanken, die starken inneren Stress bzw. (Verlust-)Angst ausgelöst haben. Und als ich einen Zusammenhang zwischen diesem Zitat und meinen negativen, selbstverletzenden Gedanken hergestellt hatte, konnte ich plötzlich erkennen, dass die Wirklichkeit immer bzw. sehr oft freundlicher war, als ich es in Gedanken durchexerziert hatte. Wie erfreulich und hoffnungsvoll! 🙏🏻
Früher hatte ich einen sehr labilen und schwachen Selbstwert. Ich habe unbewusst meinen Wert von meiner Leistung abhängig gemacht und nach Anerkennung und Wertschätzung von der Außenwelt gestrebt. Byron Katie schreibt, dass “The Work” uns immer wieder zurück zu unserer eigenen inneren Wirklichkeit führt. Und wenn ich das so betrachte, dann war meine frühere innere Wirklichkeit geprägt von Verlust- bzw. Versagensangst, dem Gedanken “sowieso nicht genug zu sein” und dergleichen. Ich habe vor ein paar Jahren für eine längere Zeit Psychotherapie in Anspruch genommen, bei der ich mit meiner Therapeutin meine innere Wirklichkeit hinterfragt und für mich neu definiert habe. Daher weiß ich, wie wichtig es ist, das eigene Selbstgespräch, die eigenen Gedanken immer wieder zu beobachten, zu reflektieren und gegebenenfalls anzupassen bzw. gegenzusteuern. Unser Geist, unsere Gedanken sind so wahnsinnig mächtig. Sie können uns beflügeln oder auch zu Boden zwingen. Wir haben es in der Hand, wie wir unser Leben gestalten wollen.
Mit Hilfe der Überprüfung und der Umkehrung zeigt uns Byron Katie einen Weg auf, wie wir nach innen gehen und den Frieden finden können, der in jedem von uns bereits existiert.
Um diese vier Fragen für mich selbst einmal auszuprobieren, habe ich während des Lesens von diesem Buch einen aufkommenden Gedanken hinterfragt. Im Urlaub lag ich am Strand und las entspannt dieses Buch. Eine Weile ging das ganz ungestört und ich war sehr zufrieden. Dann kamen plötzlich ein paar Menschen, die diese Stille zerrissen und sich sehr laut unterhielten. Nun konnte ich schwer den Fokus halten und meine Konzentration musste folgendem Gedanken Platz machen:
„Sie sollten nicht so laut reden, denn so kann ich mich nicht auf mein Buch konzentrieren.“
Ich begann alsbald damit meine Gedanken zu hinterfragen und wendete die vier Fragen aus dem Buch an.
Ist das wahr? Sie sollten nicht so laut reden, damit ich mich weiter konzentrieren konnte?
Ja. Sie stören meine Konzentration.
Kann ich absolut sicher sein, dass das wahr ist? Wie ist die Wirklichkeit?
Sie sind nun mal laut. Also nein, es ist nicht wahr, dass sie nicht laut sein sollten. In Wirklichkeit sind sie laut.
Wie reagiere ich auf diesen Gedanken?
Wenn ich daran festhalte, dass sie nicht laut sein sollten, dann bin ich in meinem Kopf unfrei und habe innerlich ein unangenehmes Gefühl, das Stress verursacht. Ich denke ständig darüber nach, und ärgere mich, anstatt etwas an der Situation zu ändern.
Wer wäre ich ohne diesen Gedanken?
Ohne diesen Gedanken wäre ich entspannt und könnte ihr Gespräch vielleicht besser ausblenden und in Ruhe weiterlesen. Oder ich wäre bereit, mich auf einen anderen Platz am Strand zu legen oder könnte sie bitten, leiser zu sein. Ich wäre handlungsfähiger und besser gelaunt, weil ich nicht in der Opferrolle gefangen bin.
Umkehrung:
“Ich sollte nicht so laut sein, denn so kann ich mich nicht … konzentrieren.” Denn in meinem Kopf ist es (durch diesen negativen Gedanken) laut, was meine Konzentration stört.
“Ich bin bereit, dass es in mir wieder laut werden wird und ich selbst meine Konzentration störe.”
Eine weitere sehr interessante Aussage von Byron Katie war:
"Wenn jemand sein Leben führt und ich in Gedanken auch das Leben desjenigen führe, wer lebt dann mein Leben?"
Was sehr verwirrend und komplex erscheint, ist doch so klar. Wenn ich in meinen Gedanken ständig beim anderen bin, was er tun sollte, was er zu lassen hat usw., habe ich keine Zeit bzw. Energie mehr übrig, um mich auf mein Leben, meine Möglichkeiten und Chancen zu konzentrieren. So komme ich nicht vom Fleck, sitze fest und stagniere. Ich komme in meinem eigenen Leben nicht weiter, weil ich zu beschäftigt bin, mich um die Angelegenheiten anderer Menschen zu “kümmern”. Dadurch bin ich von mir selbst getrennt.
Ich finde das Buch “Lieben was ist.” sehr interessant. Es hat tolle Ansätze, die ich in mein Leben mitnehmen werde. Das Ergebnis von manchen Praxisbeispielen konnte ich nicht ganz nachvollziehen. Hier ist es, denke ich, sehr wichtig, sich daran zu erinnern, dass es nicht darum geht, wie etwas sein sollte, sondern vielmehr das anzunehmen, wie es gerade ist, was im Buch zu späterer Zeit gut beschrieben wird.
Denn der Gedanke, dass es anders sein sollte, schmerzt. Kein Gedanke der Welt kann in diesem Moment ändern, dass z.B. das Kind zu viel fernsieht, obwohl es das gerade tut. Es bedeutet nicht, dass wir einverstanden sein müssen, dass es so viel fernsieht. Sondern dass wir anerkennen, dass die Wirklichkeit gerade so ist, wie sie ist und wir nicht im Widerstand mit ihr sind. Wenn wir das geschafft haben, können wir ganz anders auf die Situation reagieren und das aus der Liebe heraus. Denn wie sprechen wir mit Menschen, über die wir keine netten oder schönen Gedanken haben? Wir sprechen vielleicht unfreundlicher bzw. ruppig oder meiden ihre Anwesenheit sogar. Wenn wir diesen inneren Widerstreit mit der Wirklichkeit beiseite gelegt haben, können wir aus Frieden und Liebe heraus handeln.
Dieser Buchreport war Teil meines diesjährigen Yoga-Teacher-Trainings. Zu Beginn des Buches habe ich mich gefragt, warum es Teil der Ausbildung war. Während des Lesens und nun während des Schreibens des Reports sah ich ganz klar den Zusammenhang. “The Work” kann uns helfen, unseren Geist zu beruhigen und mehr in unsere Mitte zu kommen und dadurch Yoga on and off the mat zu praktizieren.
Vielleicht nimmst du dir ein paar Impulse aus meinem Buchreport für dich mit und hinterfragst deine negativen bzw. belastenden Gedanken. Oder er hat dein Interesse geweckt und du kaufst dir das Buch? 😊
Ich wünsche mir für dich friedvollere Gedanken und dass du immer wieder den Weg zu deiner inneren Mitte findest.
Von Herz zu Herz,
Verena – eine Wunderfinderin
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